„Die Katze streckt ihr Bein“ – Gesund an Körper und Geist in schweren Zeiten

drawing of a symbolised figure connected to branches and water practising yoga
Image courtesy pixabay.com – Free license

Es sind keine leichten Zeiten: Krieg in Europa, die USA und Russland in konstantem Kräftemessen, Inflation soweit das Auge reicht; Rechtspopulisten die immer wieder ihre hässlichen Fratzen erheben, sei es in den USA, Brasilien, Italien, oder sonstwo… Flutkatastrophen und Umweltzerstörung, die apokalyptisch dargestellt wird. Da soll man noch „einen Glauben haben“?

Ja, jetzt erst recht! Denn ob politisch oder gesellschaftlich: Wenn gute Menschen, denen Werte von Gemeinschaft, Rücksicht und Respekt wichtig sind, die Herz und Verstand haben, das Handtuch werfen, dann fehlt das Gegengewicht: Wenn wir in die Geschichte schauen, hat es immer wieder Zeiten gegeben, in denen Kriege und Katastrophen das Leben schwer machten.

Was hilft im Alltag? Ich lebe in Mitteleuropa und in einer Gegend, die weitestgehend verschont wird von schweren Katastrophen, mit medizinischer Versorgung, die zu den besten der Welt gehört, mit einem Beruf, den ich gerne ausübe, und der mir erlaubt, Hobbies nachzugehen, mich weiter zu bilden, auf meine Gesundheit zu achten.

Auch mein Leben war gut gefüllt mit Krisen und Kümmernissen. Ich habe Manches gelernt dazu, wie man damit umgehen kann, auch in der Tradition der Region und Familie aus der ich stamme, dass Selbstverantwortung und Bildung zentral sind für „mens sana in corpore sano“. Den gesunden Geist in einem gesunden Körper.

Ein bekannter deutscher Medizinkabarettist, Dr. v. Hirschhausen hat es einmal sehr treffend so formuliert: „Wenn ich schlechte Laune habe, frage ich mich zunächst 5 Dinge: Wann habe ich zuletzt gegessen? Wann habe ich mich zuletzt unter freiem Himmel bewegt? Wann habe ich zuletzt geschlafen, mit wem, und warum?“
Warum hat er recht? Weil das die absoluten Grundlagen sind, um gute Laune zu fördern, erst recht wenn das Leben schwer ist: Ausreichend Schlaf, ein gleichmäßiger Blutzuckerspiegel, der angemessen, nicht zu niedrig sein sollte, und die Frage, mit wem ich meine Tage (und Nächte) verbringe.

Ansonsten hilft, hier erst einmal verkürzt zusammen gefasst:

    • Auf negative Gedankenmuster achten und ihnen entgegenwirken: Je nach Herkommen neigen Menschen durchaus dazu, mit sich selbst hart ins Gericht zu gehen. Das bewusst zu machen und konkret individuelle, positive Ideen und Gedanken entgegensetzen, hilft.
    • Tatsächlich, in die Natur, ins Freie gehen und einfach dort gehen, schauen, hilft, die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Den manchmal schweren Bildern im Kopf leichtere, schönere entgegen setzen.
    • Mir helfen Yoga und Atemmeditation nach Thich Nhat Hanh.
    • Schwere Gefühle und Gedanken nicht verleugnen, sie entfalten dann ihre eigene Sprengkraft. Sondern produktiv damit umgehen.
    • Hier herum wissen, man ist nicht allein: Es gibt Menschen, die professionell helfen können.
    • Freunde und Familie um sich scharen – oder halten.
    • Den Kalender nutzen: Alles, was nicht heute oder morgen sein muss, steht darin. Um das andere kann man/frau sich zur gegebenen Zeit kümmern.

Dies können nur Anregungen sein!
Ich bin gegen jede Art von Drogenkonsum und möchte hier ganz klar machen, dass Drogen kein Weg sind. In keiner Form. Es gibt wunderbare und auf die Dauer wirksamere und gesündere Methoden, schwere Zeiten zu meistern.

Ich habe viel Zeit gehabt, Sprüche und Ideen zu sammeln, die helfen. Eine ganze Reihe finden sich hier auf meiner kleinen Webseite. Ich bin vielleicht zufällig sehr gut ausgestattet mit Hintergrundwissen und in der glücklichen Lage, durch viele Kontakte und Erfahrungen eine Basis aus Werten und Maßstäben aufgebaut haben zu können, die mir hilft.

Ein für mich zentraler Spruch dazu lautet auch:

„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

In jedem Fall: Es gibt viele Wege, die uns helfen, wachsam zu sein, unseren (hoffentlich demokratisch gewählten) Politikern auf die Finger zu schauen – und den Kopf auch in schweren Zeiten oben zu behalten – Tag für Tag.

 

 

Heinrich Böll trifft Erich Kästner – Das Leben wie es ist

A white signpost with blank direction signs on it pointing in different directions
Neue Wege gehen…
Gib Alarm!

Gib Alarm
Sammle Deine Freunde
nicht
wenn die Hyänen heulen
nicht
wenn der Schakal Dich umkreist
oder
die Haushunde kläffen
nicht
wenn der Ochs unterm Joch
einen Fehltritt tut
oder der Muli am Göpel stolpert
Gib Alarm
Sammle deine Freunde
wenn die Karnickel die Zähne blecken
und ihren Blutdurst anmelden
Wenn die Spatzen Sturzflug üben
und zustoßen
Gib Alarm.

Heinrich Böll

Spaziergang nach einer Enttäuschung

Da hätte mich also wieder einmal
eine der hausschlachtenen Ohrfeigen ereilt,
die das eigens hierzu gegründete Schicksal
in beliebiger Windstärke und Zahl
an die Umstehenden gratis verteilt.

Na schön. Der Weg des Lebens ist wellig.
Man soll die Steigerungen nicht noch steigern.
Es war wieder mal eine Ohrfeige fällig.
Ich konnte die Annahme schlecht verweigern.

So ein Schlag ins vergnügte Gesicht
klingt für den, der ihn kriegt, natürlich sehr laut,
weil das Schicksal mit Liebe zur Sache zuhaut.
Tödlich sind diese Ohrfeigen hingegen nicht.
Der Mensch ist entsprechend gebaut.

Jedoch, wenn ich den See betrachte
und die schneeweiß bedeckten Berge daneben,
muß ich denken, was ich schon häufig dachte:
Diese Art Ohrfeigen brauchte es nicht zu geben.

Da rennt man nun die Natur entlang
und ist froh, daß man keinem begegnet.
Die Vögel verüben Chorgesang.
Die Sonne scheint im Überschwang.
Aber innen hat’s ziemlich geregnet.

Die Glockenblumen nicken verständig.
Eine Biene kratzt sich ernst hinterm Ohr.
Und der Wind und die Wellen spielen vierhändig
die Sonnenscheinsonate vor.

Das Schicksal wird mich noch öfter äffen
und schlagen, wie es mich heute schlug.
Vielleicht wird man wirklich durch Schaden klug?
Mich müssen noch viele Schläge treffen,
bevor mich der Schlag trifft! Und damit genug.

Erich Kästner (1899 – 1974)
aus Dr. Erich Kästners lyrische Hausapotheke,
Atrium Zürich, 1936

Über Texte, Blogeinträge – und literarische Regeln

In Literatur und Literaturkritik ist und war es von Anbeginn ein Grundsatz – under anderen – dass Autor und Erzähler einer Geschichte oder eines Textes im weiteren Sinne nicht gleichgesetzt werden dürfen.

Das bedeutet, wenn jemand über einen Sachverhalt schreibt, heißt das nicht, dass er oder sie ihn aus eigener Erfahrung kennt.

Viele meiner Leser werden dies bereits wissen, aber für alle, die sich nicht sicher sind – oder für die der Gedanke neu ist, dies als grundlegende Information zu meinen Texten.

Meine Texte beruhen größtenteils auf meinen Gedanken, meiner Lektüre zu Politik, Philosophie, Literatur und Kunst und Beobachtungen sowie Gesprächen. Etwas anderes anzunehmen wäre teils regelrecht abstoßend – aber zumindest vermessen.

 

 

Als Deutsche in Wien – Anfang oder: Die elegante Art, es nicht eilig zu haben

Vienna rooftops at dusk
Wien ist eine so oft besungene und von Legenden und Geschichten überzogene Stadt – Faszination muss also nicht erklärt werden?

Doch, es ist keine Selbstverständlichkeit – erst recht in unserem aufgeklärten Zeitalter – sich von Faszination ziehen zu lassen – und weg zu ziehen. Nach Wien.

Auch dies hat mich nach Wien gezogen: Die Atmosphäre, die vielleicht auch vom Klima mitbestimmt wird. Wenn das Wetter nicht gerade klirrend kalt ist, liegt eine Sanftheit in der Luft, die geradezu wie eine Liebkosung ist.
Der Wienerwald liegt bekanntlich um die Ecke; dort spürt man es deutlich und es wundert nicht mehr, dass hier der Walzer erfunden wurde. Mozart hat hier gewirkt, Strauß, Brahms, Schubert und noch viele andere.

Fast jeder, den man fragt, assoziiert mit Wien bedeutende geschichtliche Ereignisse oder künstlerische Besonderheiten. Nicht nur die Architektur der Prachtbauten ist beeindruckend… Sie prägt auch die älteren Stadtteile vor allem des Wiener Westens.
Es ist die Atmosphäre, die Wien aus anderen Großstädten der Welt herausragen lässt. Wien war und ist Weltstadt – aber es ist dieses gewisse Etwas, das man meistens mit Menschen verbindet: Die Ausstrahlung eines sanften und resistenten Stolzes. Auf die Geschichte – und die Kultur. Kultur ist in Wien geradezu allgegenwärtig. Man kann nicht durch diese Stadt gehen, ohne davon berührt zu werden.
Alte und bemerkenswerte Häuser, Paläste, Museen, Theater und Konzertsäle liegen auf Schritt und Tritt entweder am Weg oder um die nächste Ecke.

Der Österreicher als solcher ist charmant. Besonders der männliche. Nachdem sich hartnäckig das Gerücht hält, die Italiener hätten ihre berühmte Verführungskunst (Stichwort: Latin Lover) verloren, scheinen die Österreicher die neuen Italiener zu sein.
Ich arbeite in einer Softwareentwicklungsfirma und es gibt kaum eine charmantere und feurigere Sorte Mitmenschen, als die Entwickler. Das fällt mir hier besonders auf. Es gilt meiner Erfahrung nach auch für Deutschland. Aber hier scheint es noch eine Qualität von Lebenskunst zu geben; ein verschmitztes, bisweilen spitzbübisches Lächeln, dabei der kleine Wortwitz, die Pointe im Lächeln fast verborgen.

Doch was mich ganz besonders beeindruckt hat, ist die fehlende Hektik. Wiener und Wienerinnen haben es (meistens) einfach nicht eilig.
Man hastet nicht von Termin zu Termin, sondern begibt sich.
Besprechungen fangen auch `mal 10-15 min später an.
Und wenn man nicht ausnahmsweise einmal sprinten muss, einen bestimmten Zug noch zu erreichen – hat man Zeit!

Dieses kostbare Kulturgut – hier gilt sie noch.

Das ist es, was ich hier beinahe am meisten liebe: Die elegante Art, es nicht eilig zu haben.

 


Anmerkung:

Mir scheint mehr und mehr, dass Menschen den obigen Text wörtlicher nehmen, als er je gemeint war.
‚Blog‘ als Begriff stammt als Verkürzung ab vom englischen ‚Weblog‘ und bezeichnet ursprünglich so etwas wie ein ‚Webtagebuch‘.

Das heißt, subjektive Gedanken und Gefühle und Beobachtungen werden / wurden ‚zu Papier gebracht‘, also in irgendeiner digitalen Form gespeichert und online zugänglich gemacht.
Am besten vergleichbar mit dem, was in Zeitungen die Kolumne war – und ist.

Die literarische Form (Genre) der Kolumne wiederum folgt(e) auch bestimmten Regeln:
Meist sehr kurz zeichnete sie Ideen oder Gedanken oder auch Beobachtungen des Autors nach, die teils auch ironisch oder sarkastisch sein konnten.
Sie ist in ihrer hoch entwickelten Ausführung zugleich eine Kunstform und es wurden schon Preise dafür vergeben. Gute Kolumnisten waren geschätzt, sind es teils nach wie vor und konnten die Auflage einer Zeitung oder Zeitschrift sehr positiv beeinflussen.

Meine Ausführungen oben sind zugleich eine Art und Weise, Vermutungen und Beobachtungen zu dokumentieren und zu kolportieren. Denn Vieles, das Menschen denken oder wünschen, äußern sie nicht.
Man sieht es ihnen aber dann recht leicht an, wenn man beobachten gewöhnt ist. In diesem Zusammenhang lässt sich auch das Forschungsgebiet der Körpersprache nennen. Wir alle kommunizieren auf mehreren Ebenen, nicht nur rein verbal.

Dies hier im Detail auszuführen, würde den Rahmen sprengen. Wen das Thema genauer interessiert, dem empfehle ich folgende Lektüre:

    • Samy Molcho als populärwissenschaftlicher Vertreter zu Grundideen um das Wissen zur Körpersprache.
    • Körpersprache ist Teil der Forschungsgebiete Psychologie und Kommunikationswissenschaften.
    • Wer es noch unterhaltsamer mag, dem seien die Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle über den fiktiven Detektiv Sherlock Holmes empfohlen.
    • Es sollten außerdem unbedingt die großen Dichter des 19. Jahrhunderts genannt sein, die noch Zeit hatten, in ihre Geschichten und Romane genaue Beobachtung einfließen zu lassen:
      • Besonders natürlich eine kleine Auswahl der großen Russen: Lew Nikolajewitsch Tolstoj, Fjodor Michailowitsch Dostojewski, Iwan Gontscharow oder auch Alexander Puschkin.
      • Die großen in England wären als Beispiele Charles Dickens, Robert Louis Stevenson, Wilkie Collins, die Schwestern Brontë oder auch Jane Austen, dies auch nur eine sehr kleine Auswahl.